Solidarität mit Waisen

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Interview mit Schwester Tryphina

Ein Gespräch mit Schwester Tryphina, der Projekt-Verantwortlichen unserer Partner von der Maria-Goreth-Organisation

Bernhard Stippig: Wo sind Sie aufgewachsen und wie lebt Ihre Familie?

Schwester Tryphina: Ich stamme aus einem kleinen Dorf – Bushagara-Rutabo –, welches sich im ländlichen Bukoba in der Region Kagera befindet. Meine Eltern sind Bauern, mein kleiner Bruder ist Schneider und hat 5 Kinder. Ansonsten habe ich noch eine Großmutter väterlicherseits. Außer mir hat niemand in meiner Familie mehr als eine Grundschulbildung erhalten.

Was haben Sie vor Ihrer Zeit bei Maria Goreth gemacht?

Vor meinem Engagement bei Maria Goreth habe ich Vollzeit als Informatik-Lehrerin in der Hekima Girls Secondary School gearbeitet.

Welche formellen Qualifikationen haben Sie erworben?

Ich habe einen Abschluss als Master of Arts in professioneller Entwicklung und habe zudem die Profession, als Mathematik- und Informatiklehrerin zu arbeiten.

Was bedeutet Glück für Sie?

Für mich ist Glück lebenslang zu lernen und im Dienst der Bedürftigen zu stehen. Ich fühle mich glücklich, wenn ich jemanden zum Lächeln bringe, mit einer Hoffnung fürs Weiterleben, weil es jemanden gibt, der sich sorgt. Ich bin eine humorvolle Person, aber es macht mich traurig, wenn ich jemanden unglücklich sehe.

Warum genau haben Sie sich entschlossen der Maria Goreth Organisation beizutreten?

Ich habe eine große Leidenschaft für die Waisen und diejenigen, die in Schwierigkeiten leben. Ich freue mich, dass die Ordensführer meine Talente erkannt haben.

Was machen Sie bei Maria Goreth und wann erleben Sie Momente der Freude?

Ich bin Koordinatorin aller Projekte der Maria Goreth Organisation.

Ich erfahre Momente der Freude wenn ich die Möglichkeit habe, Bedürftigen das Gefühl der Liebe zu vermitteln und erlebe, wie sie dadurch die Möglichkeit erhalten psychologische und physische Probleme besser überwinden zu können.

Ich bin Spendern stets dankbar, die unsere Arbeit ermöglichen, sowohl durch moralische Unterstützung, als auch durch Bereitstellung von materiellen Mitteln. Ich habe große Freude an meiner Arbeit, welche Bedürftigen Bildung und Selbstvertrauen gibt und sie somit später selbstständig sein lässt.

Was ist Ihre Vision der Maria Goreth Organisation in 10 Jahren?

Ich hoffe, dass Sie eine starke und nachhaltige Organisation mit gut koordinierten Programmen und Projekten sein wird. Sie wird eine computerbasierte Datenbank haben, um die Arbeit zu erleichtern und Informationen nicht zu verlieren. Wir werden außerdem für unsere Schüler Klassenzimmer und Übernachtungsmöglichkeiten, speziell für diejenigen, die von weit herkommen, errichten.

Was sehen Sie als den größten Erfolg der vergangenen Jahre?

Wir haben eine große Zahl von Schülern gefördert. Bildung hatte unsere höchste Priorität.

Was möchten Sie unseren Spendern mitteilen?

Ich möchte all unseren Spendern meine Dankbarkeit und Wertschätzung aussprechen. Dankbar bin ich vor allem, weil die Spender es auf verschiedene Weisen ermöglichen, unzähligen Bedürftigen das Gefühl der Liebe und Hoffnung erfahren zu lassen.

Wie sehen Sie die zukünftigen Entwicklungsaussichten der Region Bukoba?

Bukoba entwickelt sich momentan sehr langsam. In Zukunft sehe ich eine größere Anzahl an gebildeten Menschen in der Region leben, die weniger abhängig von Maria Goreth sein werden. Ich hoffe, dass das Land künftig von kompetenten Führungspersönlichkeiten geleitet werden wird.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich mag es für mich allein zu beten, weil ich sonst immer mit verschiedenen Projekten beschäftigt bin.

Können Sie uns eine Geschichte eines Waisen erzählen, an die Sie sich gerne zurückerinnern?

Ich erinnere mich gerne an Helmes zurück. Als er 6 Jahre alt war kam er von seinem 8 jährigen Bruder Clisant begleitet zu mir. Was war passiert?

Als die Jungen nach Feuerholz suchten, war Helmes von einem Ast eines Kaffeebaums im Auge verletzt worden, was dazu führte, dass seine Netzhaut komplett blutunterlaufen war. Der Vater war verstorben und seine Mutter in ein Krankenhaus eingeliefert.

Es sind 5 Kinder, die zusammen alle elterlichen Hausarbeiten nach der Schule zu erledigen haben, wie beispielsweise kochen, Feuerholz sammeln, Wasser holen und Felder bestellen. Da kein Älterer mit den Kindern lebt, war das Auge nicht medizinisch versorgt worden und nach einer Woche untätigen Wartens hatte sich eine lebensbedrohliche Infektion entwickelt., die die Schmerzen so groß werden ließ, dass ihn sein Bruder zu mir brachte.

Es war zwei Tage vor Weihnachten und ich entschied, ihn am nächsten Tag zu einem Augenspezialisten zu bringen, welcher eine Operation für nötig hielt. Sie verwiesen ihn in ein anderes Krankenhaus, Ndolage-Kamachumu, welches drei Stunden außerhalb von Bukoba Stadt, in der Nähe von meinem elterlichen Heimatort liegt.

Helmes wurde an Weihnachten operiert und ich übernachtete dort zusammen mit Clisant. Die Operation verlief gut und wurde so zu einem wunderbaren Weihnachtsgeschenk.

Ich ließ ihn im Krankenhaus und kehrte zu meiner Gemeinde zurück. Meine Eltern kümmerten sich wie selbstverständlich um den Kranken und seinen Bruder. Nach einer Woche und erfolgreicher Genesung durften auch die beiden Jungen zurückkehren. Da die Kinder den Weg nach Hause nicht kannten, wohnten sie für einen Monat bei meinen Eltern.

Unsere Organisation unterstütze sie, indem sie die Krankenhauskosten übernahm. Letztendlich holte ich sie ab und brachte sie zu ihrer Familie zurück.

Heute ist Helmes zu einem großen Jungen herangewachsen und mir sehr dankbar. Die ganze Familie nennt mich »Mutter.«

Zur Zeit besucht er unsere Schreinerschule. Hoffentlich wird er sie erfolgreich abschließen und so zukünftig unabhängig seinen Weg gehen.

Seine Familie besteht aus sechs Personen: Sein älterer Bruder Cosmas hat bereits die Schreinerschule erfolgreich beendet. Clisant besucht heute die 11. Klasse der Mittelschule, sein jüngerer Bruder Mujuni die neunte. Die jüngste Schwester Anastazia, die von ihren Eltern mit HIV infiziert wurde, besucht noch immer die Grundschule. Unsere Organisation unterstützt die Kinder und ihre Mutter bereits seit einer langen Zeit.

Der Mutter geht es sehr schlecht. Vor drei Jahren wurde sie zur Behandlung in die Hauptstadt Dar es Salam verlegt. Die Kinder unterliegen der Obhut der Organisation und leben so glücklich und voller Zukunftsvertrauen. Gott segne sie und die Spender für ihre Unterstützung.

Was für eine Freude, Helmes durch Liebe, Unterstützung und Fürsorge überleben zu sehen. Es ist eine erfüllende Aufgabe.

Was bedeutet Ihnen die Arbeit mit den Waisen?

Sie ist Teil meines Lebens. Ich liebe es, hart zu arbeiten und den Bedürftigen zu dienen. Was für eine großartige Freude jemanden zum Lachen zu bringen, damit er seine Probleme vergessen kann.