Bericht von Maximilian - Teil 5
5. Woche: Vom Kontinent der Wiege der Menschheit hört man bei uns grundsätzlich nur Niederschmetterndes in den Nachrichten, welches wenig Anlass zur Hoffnung gibt. Fast schon aus Prinzip möchte ich daher einen kurzen Abschnitt meines Blogs einem Afrika widmen, welches im Großen und Ganzen eine Zukunft voller Potential und Möglichkeiten bietet.
Laut „Standard Bank“ haben über 60 Mio. afrikanischer Haushalte ein jährliches Einkommen von mehr als 3ooo$ im Jahr. Für afrikanische Verhältnisse ist das nicht wenig (Der Fahrer der Nonnen verdient 1.60 Euro am Tag) und die Anzahl jener Haushalte soll im Jahr 2015 auf 100 Mio. ansteigen. So wird sich eine Mittelschicht herausbilden, die durch ihre Kaufkraft deutlich zum Wirtschaftswachstum beitragen wird. Zudem wird viel Hoffnung in die demographische Entwicklung Afrikas gesetzt: Das Durchschnittsalter liegt bei 20 Jahren, was im Vergleich zu Asien (30) und Europa (40) sehr jung ist. (In Tanzania ist 44% der Bevölkerung unter 14 Jahren alt). Dies bedeutet, dass viele junge Leute im besten Arbeitsalter sind und es daher hauptsächlich an den jeweiligen Regierungen liegt, dieses wirtschaftliche Potenzial durch die Bereitstellung von Bildung und Arbeitsplatzbeschaffung zu nutzen.
600 Mio. Afrikaner besitzen ein Handy, welches sowohl für Geldtransaktionen als auch in der Entwicklungshilfe große Chancen bietet. So können beispielsweise Farmer die Getreidepreise und sogar Wetterlagen relativ kostengünstig über das Mobiltelefon erfahren und so effizienter wirtschaften. Doch darf dieser Eindruck nicht täuschen: Viele Afrikaner benutzen ihr Handy nur für SMS und aufgrund der unzuverlässigen und maroden Infrastruktur kann man sich nicht sicher sein, rechtzeitig zu einem vereinbarten Zeitpunkt zu erscheinen. (Ich erinnere an das zerbröselte Fenster auf meiner Hinfahrt). Bevor man sich auf den Weg macht, dient daher eine SMS häufig als Absicherung, die gewünscht Person überhaupt anzutreffen.
Auch bietet die zunehmend politische Stabilität Grund zu Optimismus. Nach dem viele afrikanische Staaten in den 60ern ihre Unabhängigkeit erlangt hatten, brachen vielerorts Bürgerkriege aus, um das entstandene Machtvakuum zum eigenen Vorteil zu nutzen. Viele afrikanische Staaten sind nun dabei, sich von diesen wirtschaftlichen und humanitären Desastern zu erholen und haben zum Teil funktionierende Demokratien eingeführt.
Trotz alledem trifft man auf viele Menschen, deren Leben sich nicht in die genannten Trends einreihen und man kann, unseren gehobenen Lebensstandard zum Vergleich nehmend, die schweren Schicksale schwerlich nachvollziehen: So besuchte ich am Montag Godifrey und Avitus, zwei Aidswaisen, die in der Seifenproduktion mitarbeiten, in ihrem Zuhause. Godifrey ist 27 Jahre alt und lebt mit seiner Frau 2h zu Fuß (Er kann sich kein Fahrrad leisten) vom Konvent der Schwestern entfernt. Er hat sich selbstständig ein Haus gebaut und lebt mit seinen 3 Kindern sehr abgelegen von jeglichen Geschäften oder Straßen. Eigentlich hätte er 4 Kinder, aber eines ist im Alter von 2 Jahren an Malaria gestorben. Das benötigte Medikament, Coartem, war zu teuer für ihn (25 cent !) und er hat das Kind nicht einmal in das Krankenhaus gebracht. Gerade leidet sein kleinstes Kind an einer schweren Erkältung, doch fehlt ihm auch hierfür das nötige Geld. Der unnötige Verlust seines Kindes und der Umstand, dass er sein eigenes Kind nicht von einer simplen Erkältung heilen kann, hat mich tief getroffen. So hab ich sowohl für ihn als auch für Avitus Arzneien gegen Malaria und Erkältung gekauft, welche sie bei Bedarf sowohl für sich selbst auch für ihre Kinder hernehmen können. In Afrika sterben von 1000 Kindern im Durschnitt 120, bevor sie ihren 5. Geburtstag feiern können und es trifft einen schwer, solche statistischen Werte in der Realität bestätigt zu sehen.
Avitus, 21, lebt mit seiner Frau und Kind in der Nähe des Konvents neben einem Krankenhaus. Eine Ärztin, die selber dem Schwesternorden angehört, zahlt im die Miete für ein kleines Zimmer und stellt ihm ein Stück Land zur Bepflanzung zur Verfügung. Obwohl die Miete im Monat gerademal 5000 Sh. beträgt (ca.2€), kann er keinen einzigen Cent davon aufbringen und ist von der Ärztin abhängig.
Diese Woche bin ich nach Nyshambia, dem Spiritual Centre der Schwestern gezogen. Es ist mehr wie eine Villa angelegt mit einem direkten Blick auf den Viktoria-See und nur 5min von Bukoba entfernt. Ich teile mir das Anwesen mit Godwin, der für die Schwestern arbeitet und sich um das Haus kümmert, im Garten arbeitet und die Tiere versorgt. In der Nacht fühlt man sich hier aber wie in einem Zoo. Das Moskitonetz schützt einen zwar vor Fliegen, nicht aber vor deren penetrantem Summen und Spinnen finden auch an der Innenseite des Netzes Zugang. Im Innenhof schwirren die Fledermäuse und überall an den Wänden klettern unzählige Eidechsen umher.
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